Da liegt er, ganz zerbratscht. Drei Beinchen noch intakt, das vierte und der Schwanz eine Vorstufe von Hackfleisch. Es ist mein erster freilebender Feuersalamander, und er ist mausetot, was ich ihm ein bisschen übel nehme. Wie ihr, getreue Leser, wisst, bin ich seit der Tour an den Allerheiligenwasserfällen den schwarz-gelben Krabblern auf der Spur.
Er hätte die Margarethenschlucht nicht verlassen sollen. Der geteerte Zufahrtsweg, der oberhalb von Neckargerach zur Schlucht führt, war sein Verderben.
Besuch im Salamanderparadies
Warum der Salamander aus seinem Habitat gekrabbelt ist, ist mir ein Rätsel. Die Margarethenschlucht ist zwar nur wenige hundert Meter lang, dafür aber ein Salamanderparadies – und garantiert frei von motorisierten Todesschwadronen.
Herbstlaub verrottet; es plätschert, tropft, sprudelt, zischt, gluckert und gluckst. Wasserfäden spinnen sich über Steintafeln. Die Luft ist feucht wie in einer kalten Sauna. Tropfen kriechen über Moos. Holz modert. Farne krallen sich in den Hang. Baumdächer verkleben das wenige Sonnenlicht. Es riecht nach Kellergewölbe. Meine Wanderschuhe hinterlassen Abdrücke auf der wasserweichen Erde. In kleinen Teichen ertränken sich Blätter und das weiße Wasser spült sie davon.
Acht Mal stürzt sich der Flursbach über dunklen Buntsandstein in die Tiefe, insgesamt mehr als hundert Höhenmeter. Niagara im Kleinformat.
Neckargerach ist nicht gerade eine Berühmtheit auf dem internationalen Wandererparkett. Für die Feuersalamander ist das ein Glück. Sie haben so ihr Refugium weitgehend für sich.
Vielleicht hat die Gemeindeverwaltung Neckargerach nur deshalb ein Warnschild aufgestellt, damit die Salamander unbehelligt bleiben: »Der 600m lange Weg vor Ihnen ist kein herkömmlicher, leicht zu bewältigender Waldweg. Er stellt hohe Ansprüche an Ihre Risikobereitschaft (überhängende Felsen) und Trittsicherheit (sehr steile, auch abrutschgefährdete und wasserüberflutete Abschnitte).« Wie ihr merkt, lebe ich noch, also keine Sorge: Ihr müsst nicht Reinhold Messer heißen, um euch auf diese Tour zu wagen.
Stahlgeländer in einer glitschigen Wanne
Während ich durch die Schlucht trippele, bedächtig einen Schritt nach dem anderen mache, taucht kein Feuersalamander auf. Der Boden ist glitschig wie eine eingeseifte Badewanne; ich hangele mich von einem Stahlgeländer zum nächsten und versuche, die Feuersalamander aus ihren Verstecken zu locken. Dazu stoße ich entsprechende Rufe aus, allerdings erfolglos, was eventuell daran liegt, dass die Lurchis – wie ich gerade in der Wikipedia nachgelesen habe – weder Mittelohr noch Trommelfell besitzen. Das nächste Mal werde ich ein paar Asseln und Schnecken als Futter streuen und mich auf die Lauer legen.
Immerhin kann ich einen gemalten Molch auf einer Infotafel bewundern. Höhnisch informiert sie mich darüber, dass ich mich im »Tal der Feuersalamander» befinde. »Vielleicht begegnen Sie einem Feuersalamander auf dem Pfad?«, lese ich. Pah, leere Versprechungen.
Das Tosen hinter der nächsten Biegung entschädigt für die ausbleibenden Salamander. Ich stehe vor dem höchsten Wasserfall im Odenwald. Mit zehn Metern ist er nicht ganz so hoch wie die Niagarafälle, aber dafür ist er auch nicht ganz so weit weg.
Rundtour: Durch die Margarethenschlucht
- Land: Deutschland (Odenwald)
- Anreise: Mit der S-Bahn fährt man von Heidelberg aus eine Dreiviertelstunde zum Bahnhof Neckargerach, wo sich Start- und Endpunkt der Tour befinden.
- Gehzeit: ca. 5 Stunden für rund 15 Kilometer (3. Oktober 2017)
- Höhepunkte: Margarethenschlucht, Apfelwiese bei Binau (Dort wachsen verschiedene Apfelbäume; Infotafel informieren über die einzelnen Sorten. Ich habe an ein paar Äpfeln geknabbert.), Neckarschleife, Neckarwiese
- Herausforderungen: Festes Schuhwerk ist für die Durchquerung der Schlucht empfehlenswert. Kurz vor der Burg Dauchstein war der Weg zugewuchert und nicht ganz einfach zu erkennen.

Hi Jana,
schöne Berichte über meine ehemalige Heimat, den Odenwald hast du da auf deinem Blog 🙂
Da werden Erinnerungen wach.
Kennst du eigentlich schon den Neckarsteig? Er führt so zu sagen einmal quer durch, durch den Odenwald 😉
Liebe Grüße
Kathrin
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Ja, den Neckarsteig habe ich auch schon unsicher gemacht. Bislang aber immer nur einzelne Etappen, nie in Gänze.
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