Leseempfehlung: Wanderweltreise auf dem heimischen Sofa

»Bergmädchen« – ein Buch für Reisefans, Weltentdeckerinnen und Wandersüchtige

Zugegeben, ich bin parteiisch. Immerhin habe ich eine Wandergeschichte zu dem Buch beigesteuert, um das es im Folgenden gehen soll. Aber wenn ihr euch hier auf diesem Blog herumtreibt, ist der Schmöker mit dem Titel »Bergmädchen« für euch wahrscheinlich genau das Richtige.

»Bergmädchen« steckt voller Wandergeschichten. Das Besondere: Geschrieben sind sie allesamt von Frauen. Da ist Mareike, die mit Freunden den höchsten Berg der Südhalbkugel erklimmt und im Zelt bei Sturm und Schnee ausharrt, bis die Tour weitergehen kann. Ihr lernt Katrin kennen, die im Alleingang mit dem Mountainbike einen mehr als 5.000 Meter hohen Pass im Himalaya quert. Oder Janice, die auf dem Lykischen Weg in der Türkei Schildkröten begegnet und mitten im Nirgendwo auf eine Saftbar trifft.

Jede Geschichte ist anders. Der Stil der Autorinnen ist so unterschiedlich, wie die Landschaften, in denen sie unterwegs sind. Das macht die Berichte authentisch, die Erzählerinnen nahbar. Es sind sehr persönliche Beschreibungen, nicht vergleichbar mit Reiseführer- oder Tourismusmarketingjargon.

Geschichten aus verschiedenen Ländern

Das Buch fühlt sich an wie eine Weltreise vom heimischen Sofa aus. Ihr reist nach Peru, Portugal, Chile, Argentinien, Schottland und viele andere Länder. Ihr seid im flachen Küstenland, im Hochgebirge und im Fjäll unterwegs. Ich nehme euch mit in den Zauberwald auf dem japanischen Eiland Yakushima. Andere entführen euch in die Alpen oder nach Israel. Ihr genießt und leidet mit den Protagonistinnen: das morgendliche Bad im Meer, die klammen Finger, die unerhoffte Gastfreundschaft, der Zweifel und die Glücksmomente nach dem letzten Anstieg.

Mit jeder Geschichte wächst das Fernweh – und die traurige Erkenntnis, dass es mehr Trails auf dieser Erde gibt als in ein Menschenleben hineinpassen. Auf jede Wandergeschichte folgt ein Interview, das Herausgeberin Stefanie Rogoll mit der Autorin geführt hat. Ich habe sie genauso gerne gelesen, wie die rund ein Dutzend Wander- und Radgeschichten. Ich will diese Frauen näher kennenlernen; will wissen, was sie antreibt und warum sie sich in ihr Abenteuer gestürzt haben. Das Buch ist ein Abend am Lagerfeuer, zu dem jede ihre Anekdoten, Höhepunkte und Begegnungen mitbringt: verlorene Kontaktlinsen, steinige Steilhänge, Murmeltiere, selbst verordnete Langsamkeit.

Ehrlich berichten die Bergmädchen, wenn sie sich über- und die Strecke unterschätzt haben. Sie schreiben von ihren Schmerzen, von Regengüssen und matschigen Routen, von Einsamkeit und Langeweile und von der Erhabenheit des Moments. Und sie gehen mit sich und ihren Abenteuern ins Gericht: »Ich beobachte, dass Egos hier am Berg noch größer zu sein scheinen, als sie in der normalen Welt bereits sind. Es war ein Privileg, hier am Berg zu sein. […] Die Besteigung eines Berges ist reiner Selbstzweck, nicht mehr und nicht weniger«, schreibt zum Beispiel Mareike von ihrer Tour auf den Aconcagua.

Jede Tour ist mit nur zwei Schwarzweißfotos illustriert: Je ein Bild von der Autorin auf der jeweiligen Tour und ein typisches Landschaftsbild grenzen die Geschichten voneinander ab. So wird das Fernweh noch ein wenig größer, ohne dass die Fotos vom Text ablenken würden.

Verschiedene Schwierigkeitsgrade, unterschiedliche Wege

Wer Inspiration sucht, wohin der nächste Wanderurlaub gehen sollte, oder noch nicht weiß, welcher Fernwanderweg der richtige ist, hält mit »Bergmädchen« eine Zusammenstellung unterschiedlichster Wege und Schwierigkeiten in der Hand: Fischerpfad in Portugal, der Fördesteig an der deutsch-dänischen Grenze, Pilgern auf dem Olavsweg oder mehrtägiges Trekking im Nationalpark Torres del Paine in Chile – Herausgeberin Stefanie Rogoll hat ein Händchen dafür, ein Wanderwegemenü zusammenzustellen, das vor allem durch seine Vielseitigkeit besticht. Vielleicht schmeckt nicht jedem Leser oder jeder Leserin jeder Gang gleichermaßen, aber die nächste Geschichte und damit das nächste Abenteuer ist nur ein paar Seiten entfernt. Das Buch ist eine Einladung, endlich loszuziehen. Schöner kann eine Weltreise kaum beginnen.

»Bergmädchen – Band 2 – Von Freiheit und den Abenteuern des Unterwegsseins«, herausgegeben von Stefanie Rogoll, 350 Seiten, 19,90 € als Taschenbuch und 9,90 € als Kindle-Ausgabe. Noch mehr Wandergeschichten findet ihr in Band 1. Der dritte Band von »Bergmädchen« ist bereits in Planung.

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Wie praktisch, dass ich im Januar Geburtstag habe. Falls mal wieder
    jemand fragt, was ich mir wünsche.
    Vielen Dank für den Tipp 😊

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  2. Janice sagt:

    Wunderbar geschrieben und zusammen gefasst und mir ging es ganz ähnlich wie dir beim Lesen.
    Jede einzelne Geschichte, jede Frau einfach wahnsinnig interessant und inspirierend. Die Wunschliste ist nun noch länger geworden, der Wege, die ich gehen möchte.
    Auch dir viel Freude auf deinen zukünftigen Touren.
    Liebe Grüße Janice

    Gefällt 1 Person

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