In Japan habe ich trotz intensiver Forschung keine gescheiten Semmeln gefunden. Mit lecker Mohn drauf oder aus Vollkorn, am besten mit Sonnenblumenkernen drin. Aus denen man die Semmelseele rauspuhlen und in das Gelbe vom Frühstücksei tunken kann.
Melonenbrot ist nicht aus Melonen
Japan ist semmellos. Weder beim Bäcker noch im Supermarkt liegt der dezente Duft frisch gebackener Brötchen in der Luft. Weißbrot gibt’s und süße Teilchen wie Melonenbrot, von dem ich dachte, dass es aus Melonen gemacht wird oder zumindest melonig schmeckt. Aber es sieht nur aus wie eine Melone, behaupten zumindest die Japaner. Ich finde, es sieht aus wie eine Schildkröte und eher wie ein Brötchen als ein Brot.
Aber lecker ist es! Die Japaner legen gerne Eis ins warme Melonenbrötchen, das außen kross und innen fluffig ist – eben wie eine gute Semmel.
Guter Käse ist teuer
Wenn ich eine Semmel, sagen wir ein Laugen- oder Roggenbrötchen hier in Japan irgendwo treffen würde, weil es im Tempel herumspaziert zum Beispiel, hätte ich sowieso nichts zum Draufschmieren. Guter Käse ist in Japan so teuer wie bei uns die Sushi. Marmelade geht gerade noch, aber dann könnte ich auch gleich ein Melonenbrot futtern. Rohen Fisch könnte ich auf die imaginierte Semmel legen, aber als Vegetarier ist das auch keine Option.
Die Frage der Wanderverpflegung muss also anders gelöst werden als mit der klassischen Mitnahmesemmel. Obwohl ich für eine gute Semmel kaum ein Risiko scheue.
Es ist nicht so, dass es in Japan nichts Leckeres zu essen gibt. In jedem Supermarkt kuscheln sich reihenweise Sushi (auch vegetarische) in ihren Plastikboxen aneinander. Aber als Wanderproviant? Da fällt der Fisch oder das Ei doch von seinem Reisschiffchen, wenn das den ganzen Tag im Rucksack schaukelt.
Cracker mit Tintenfisch
Cracker und Kekse haben mein Freund und ich auch schon probiert: Das knusprige Gebäck sah harmlos aus, war aber dann mit Seeigel gewürzt. Auf einer Crackerpackung habe ich einen kleinen fröhlichen Tintenfisch entdeckt. Wir hatten auch schon Chips mit Seetanggeschmack. Die fand ich okay. Aber Kekse und Co. sind natürlich keine optimale Wandernahrung. Nattō würde sich eignen. Es ist günstig und verpackt in praktischen kleinen, dichten Styroporkistchen. Einfach umrühren und genießen.
Wie Schneckenschleim
Nattō sind fermentierte Sojabohnen, die für mich wie wie überreife Pilze schmecken und wie alte Lederhausschuhe riechen. Aber es gibt ein größeres Problem als den gewöhnungsbedürftigen Geschmack: Wenn man sie rührt – und das muss man, damit sich die Bohnen voneinander lösen – fangen sie an, Schleim zu produzieren. Der sieht aus wie feinster durchsichtiger Rotz. Oder wie das, was aus der Schnecke kommt.
Eher mache ich mich auf der nächsten Wanderung über eine Weinbergschnecke her, als noch mal eine Packung Nattō zu essen, wofür ich sowieso einen Orden in kulinarischer Tapferkeit verdient habe.
Wir wäre es also mit Obst? Ja, das Obst sieht in Japan lecker aus: babykopfgroße Äpfel, makellose Melonen und Erdbeeren, die mich an Dessous erinnern, so sexy sehen sie aus. Wären da nicht die Preise … Die treiben mir mehr Schweißperlen auf die Stirn als der Mount Fyffe. Nur Bananen sind in Japan bezahlbar.
Reisbällchen statt Semmel
Bleibt nur, sich den einheimischen Sitten anzupassen: Onigiri. Nein, das ist keine Sonderform von Origami oder eine besonders brutale Methode, Selbstmord zu begehen.
Ein Onigiri ist ein Reisbällchen und so etwas wie das japanische Pendant zur Semmel. Onigiri warten im Supermarkt oder im Konbini (eine Art Minisupermarkt) praktisch in Folie verpackt auf hungrige Passanten. Gefüllt sind die Reisbällchen mit Algen, Thunfisch oder anderen Dingen, die weder mein Freund noch ich eindeutig identifizieren können.
Also mache ich jetzt Onigiri für unsere Japantouren. Das geht so: Klebereis kochen, abkühlen lassen, Bällchen formen und in Klarsichtfolie einwickeln. Die Onigiri im Supermarkt sind meistens dreieckig, aber Kugeln sind einfacher.
Die Bällchen bestreue ich mit Sesam oder anderem Gewürz. Gurke oder Tomate als Füllung sind sicher auch nicht schlecht. Oder Käse.
Test bestanden
Mittlerweile haben die Onigiri ihre Tauglichkeit als Wanderproviant bewiesen, unter anderem in den japanischen Alpen. Ich habe die Semmeljagd aufgegeben.
Wenn ich wieder in Deutschland bin, werde ich die Reisbällchen sicher vermissen. Dann mache ich für den Schwarzwald ein Vollkornreis-Onigiri mit Sonnenblumenkernen. Und wenn es doch mal was Süßes sein soll, frage ich in der Eisdiele, ob sie ein Bällchen Stracciatella in meine Semmel legen.
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