Eine Rundwanderung zur Hellerhütte
Während langer Märsche fährt mein Hirn in den Standby-Modus. Zumindest die Teile, die für höhere Denkleistungen zuständig sind. Die mentale High Society betreibt Schädel-Chilling. Nur das neuronale Fußvolk hat noch Dienst. Es sorgt dafür, dass Hirn samt Körper dran auf dem Weg bleibt und keinen Steilhang hinunterstürzt, um sich in grauen Zellmatsch zu verwandeln. Die Großhirnrinde lehnt sich entspannt zurück: Einfach der rot-blauen Markierung oder dem gelben Punkt hinterher.
Die Gedanken sind frei, also hüpfen sie im Stand-by von einem Thema zum nächsten. Neuronales Netz im Schmetterlingstaumel: Ein Vogel. Viel Laub. Wie viele Höhenmeter sind es noch? Meine Füße tun weh. Mountainbikefahrer. Ich esse gleich das Käsebrötchen. Nein, hebe ich lieber auf. Hund. Es ist zu warm. Specht. Steine mit Moos. Ich mag Moos. Vielleicht doch das Käsebrötchen? Jetzt rechts lang. Besser Jacke aus. Nase putzen. Moos. Baumpilze. Eine Hütte. Eine Hütte. Oh, eine Hütte.
Beim Thema Hütte fährt das Hirn wieder hoch und stellt sich die Kant’sche Frage: Was darf ich hoffen? Ist die Hütte bewirtschaftet? Hat sie geöffnet? Heißer Kakao und Kuchen? Gar ein Süppchen? Grünkernrisotto?
Wenn es um Hütten geht, lautet die vernünftige Antwort auf die Kant’sche Frage: am besten nix. Wenn Regen sich bereits seinen Weg bis zur Unterwäsche gebahnt und sämtliche Müsliriegel schon vor Stunden vertilgt worden sind, hat die Hütte immer zu. Garantiert.
Dank meiner Wandererweisheit erwarte ich also nichts, als nach rund zwei Dritteln der Strecke die Hellerhütte hinter Bäumen auftaucht. Ich bin den ganzen Tag nur wenigen Wanderern begegnet und die Hütte sieht von der Rückseite besehen verlassen aus.
Hütten-Magnetismus: Ein Ausflugsziel kommt näher
Aber diese Hütte hat magnetische Kräfte. Alle Pfälzerwald-Wanderer- und Spaziergänger sind schon da – außer mir. Als hätten sie sich alle zum Pfälzerwald-Flashmob verabredet. Oder der Saumagen-Burger hat sie gelockt. Ja, den gibt es dort, und ich wundere mich, weshalb Dr. Oetker den noch nicht im Programm hat: Mit dem Pizza-Burger gäbe er sicherlich ein prima Duo im Tiefkühlfach ab. Wenn der Saumagen-Burger gut läuft, kommt zwei Monate später der Weißwurst-Burger für die Bayern-Fans auf den Markt.
Außer Saumagen-Burger findet sich übliche Hüttenkost auf der Karte. Ich wähle ein Käsebrot und eine Traubensaftschorle. Am Nebentisch erzählt – tatsächlich – ein älterer Herr vom Krieg.
Eine halbe Stunde später mache ich mich wieder auf den Weg. Auf den ersten hundert Metern begegnet mir noch eine Handvoll Saumagen-Burger-Fans, dann niemand mehr. Ob die Hüttenbesucher die Bergstiefel, die Jack-Wolfskin-Jacke und die Wanderstöcke nur zur Tarnung dabei hatten und mit dem Fallschirm über der Hütte abgesprungen sind? Irgendwo müssen die herkommen … Oder gibt es einen Saumagen-Burger-Geheimbund, der einen Gang von Lambrecht aus bis zur Hütte gegraben hat? Während ich rätsele, fährt mein Hirn wieder runter. Wurzeln. Mistkäfer. Ich könnte schon wieder eine Schorle trinken. Sand. Kiefern. Bergrunter. Schon wieder Nase putzen.
Das Hüttenrätsel bleibt ungelöst.
Pfälzerwald (Rundwanderweg um Lambrecht – Königsberg, Breite Loog und Dicker-Stein-Turm)
- Land: Deutschland (Rheinland-Pfalz)
- Anreise: S-Bahn von Mannheim
- Länge: rund 20 Kilometer. Ähnliche Touren rund um Lambrecht und Hellerhütter findet ihr zum Beispiel auf Bergwelten.de oder auf Alltrails.com.
- Gehzeit: rund 6 Stunden (4. März 2017)
- Höhepunkte: sandiger Waldboden, Saumagen-Burger, Kiefern, Besenbuch
- Herausforderungen: Aufstiege
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